Blickwinkel

„Es geht um Zusammenhalt und Respekt“

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„Schuldzuweisungen und Pauschalurteile werden dem Andenken an die Opfer nicht gerecht und helfen auch nicht, ein friedliches Miteinander in dieser Stadt zu befördern. Der 19. Februar muss neben dem Gedenken an die Ermordeten ein dauerhafter Tag der Reflexion, der Prüfung, der Selbstvergewisserung sein. Wir müssen uns vergewissern, wie weit wir in der Bekämpfung von Rassismus, Extremismus, ja in der Bekämpfung der Feinde unserer Werte und unserer Verfassung gekommen sind.“ In der Stadtverordnetenversammlung am 6. März 2023 äußerte sich Oberbürgermeister Kaminsky zu den Reden, die am dritten Jahrestag, zwei Wochen zuvor, gehalten worden waren und Reaktionen aus Politik und Stadtgesellschaft.

Zur Rede

Sehr geehrte Frau Stadtverordnetenvorsteherin,
werte Kolleginnen und Kollegen,
meine Damen und Herren,
vor zwei Wochen haben wir auf zahlreichen Veranstaltungen des schrecklichen Attentats vom 19. Februar 2020 gedacht. Viele Bürgerinnen und Bürger der Stadt haben die Möglichkeit wahrgenommen, an die Opfer dieses rassistischen Anschlages zu erinnern. Und sie haben damit ein klares Bekenntnis für ein friedliches Miteinander, für Toleranz sowie gegen Hass und Rassismus abgelegt.

Im Nachgang zum Gedenktag hat es einige Diskussionen gegeben wegen mancher Vorwürfe, die Einzelne und Vertreter von Initiativen öffentlich gegen die Stadt, die Stadtgesellschaft sowie verschiedene Institutionen erhoben haben. Vorwürfe, etwa die eines angeblichen strukturellen Rassismus, die viele unserer Bürgerinnen und Bürger –als ungerechtfertigt und überzogen empfunden haben. Ich sehe dies genauso und sage deshalb hier in aller Deutlichkeit: Ich weise die pauschalen Vorwürfe eines strukturellen Rassismus in unserer Stadt und einer intoleranten Gesellschaft entschieden zurück!
Mir ist sehr daran gelegen, einen Streit in der Stadtgesellschaft zu vermeiden und deutlich zu machen, wo wir stehen und für was wir stehen. Schuldzuweisungen und Pauschalurteile werden dem Andenken an die Opfer nicht gerecht und helfen auch nicht, ein friedliches Miteinander in dieser Stadt zu befördern.
Kritik an Andersdenkenden, Kritik an staatlichen und kommunalen Stellen ist zulässig. Der offene Diskurs ist das Lebenselixier unserer Gesellschaft. Selbst wenn Kritik objektiv unbegründet ist. Das hält unsere Demokratie nicht nur aus; das ist ein Wesensmerkmal unserer Demokratie.
Nicht tolerabel ist Kritik aber dann, wenn sie in Schmähungen, Beleidigungen und Verleumdungen ausartet. Wenn sie den Andern diskriminiert und herabsetzt. Wenn sie die Würde des Anderen verletzt.
Wer für sich selbst Mitmenschlichkeit und Respekt einfordert – zu Recht einfordert – der muss diese Mitmenschlichkeit und diesen Respekt auch gegenüber anderen walten lassen.
Wir in Hanau wissen, welche Folgen Hass und Rassismus haben können.
In wenigen Tagen werden wir der Zerstörung unserer Stadt am 19. März 1945 und der Opfer des Krieges gedenken.
Auch wenn der 19. März und der 19. Februar nicht vergleichbar sind, so haben sie doch die gleichen Wurzeln. Es ist der Hass, der zu Leid und Elend führt. Wir Hanauer und Hanauerinnen haben die Lehren aus unserer Geschichte gezogen und Tausende beweisen hier jeden Tag, das ein friedliches Miteinander unterschiedlichster Menschen möglich ist.
Ja, es gibt auch bei uns – wie überall im Land, wie überall auf diesem Globus – Fälle von Rassismus, Alltagsrassismus und Diskriminierung. Dem müssen wir uns entgegenstellen. Aber diese Fälle berechtigen nicht dazu, eine komplette Gesellschaft pauschal zu verurteilen und so ebenfalls zu diskriminieren. Das führt nicht zu einem besseren Verständnis untereinander, sondern schadet im Gegenteil einem friedlichen Miteinander. Insofern haben diejenigen und die Teile der Angehörigen, die den Gedenktag zu Schmähungen und Beleidigungen missbraucht haben, diesem Miteinander mehr geschadet als genutzt.
Ich will aber auch ausdrücklich an dieser Stelle nochmals betonen, dass ich all denen widerspreche, die sagen „es muss jetzt auch mal gut sein“.
Gegenüber den Angehörigen und ihrer Trauer ist dies eine Anmaßung und für unsere Gesellschaft im Allgemeinen und unsere Stadtgesellschaft im Besonderen wäre es schlichtweg falsch.
Der 19. Februar muss neben dem Gedenken an die Ermordeten ein dauerhafter Tag der Reflexion, der Prüfung, der Selbstvergewisserung sein.
Wir müssen uns vergewissern, wie weit wir in der Bekämpfung von Rassismus, Extremismus, ja in der Bekämpfung der Feinde unserer Werte und unserer Verfassung gekommen sind.
Meine Damen und Herren,
in Hanau hat es nach dem 19. Februar 2020 zahlreiche Initiativen und Aktionen gegeben, die dieses Miteinander, den Zusammenhalt befördern sollen. Das sind keine Eintagsfliegen, sondern nachhaltige Maßnahmen, von denen Ihre Entscheidung zur Schaffung eines Zentrums für Demokratie und Vielfalt nur ein Beispiel von vielen ist.
Ausdrücklich erwähne ich in diesem Zusammenhang auch die Schulen unserer Stadt, die sich vorbildlich dieses Themas angenommen haben – auch schon vor dem 19. Februar.
Unsere Schulen vermitteln nicht nur puren Lehrstoff, sondern sie vermitteln auch die Grundwerte unserer Gesellschaft, den Geist unseres Grundgesetzes, dessen Kern die Menschenrechte sind.
Natürlich kann man unterschiedlicher Meinung sein, ob eine Schule den Infostand einer Initiative, die aus dem 19. Februar entstanden ist, genehmigen soll oder nicht. Der berühmte „Beutelsbacher Konsens“ aus den 70er Jahren fordert dazu auf, Schüler in die Lage zu versetzen, „politische Situationen und Interessenlagen zu analysieren“ und auch kontroverse Positionen zu beachten. Aber bewerten und entscheiden müssen die Schulen nun einmal selbst, wie sie diesen Konsens umsetzen.
Man kann die Entscheidung der Karl-Rehbein-Schule für falsch halten, der „Bildungsinitiative Fervat Unvar“ im Gegensatz zu vielen anderen Schulen den Infostand nicht zu genehmigen.
Aber daraus abzuleiten, die Karl-Rehbein-Schule hänge rassistischem Gedankengut nach, ist inakzeptabel und deshalb weise ich dies entschieden zurück.
Gerade die Karl-Rehbein-Schule engagiert sich seit Jahren im sozialen Bereich, hat viele internationale Kontakte und Partnerschaften geknüpft und ihren Schülerinnen und Schülern so den Respekt vor anderen Menschen und Kulturen in vorbildlicher Weise vermittelt.
Serpil Unvar hat in ihrem offenen Brief den Wunsch geäußert, diese Kontroverse mit der KRS auszuräumen und wieder aufeinander zuzugehen. Ich unterstütze dies ausdrücklich.
Ich habe unseren ehemaligen Stadtverordnetenvorsteher Jürgen Scheuermann, den ich als Mann des Ausgleichs und des Zusammenführens kennengelernt habe, um die Moderation solcher Gespräche gebeten. Ich bin sehr dankbar, dass er sich gestern telefonisch bei mir dazu bereit erklärt hat. Offene Gespräche und konstruktive Diskussionen sind immer noch das beste Mittel, Kontroversen zu lösen.
Meine Damen und Herren,
zur Demokratie gehört aber auch, dass sich manche Kontroversen nicht lösen lassen und am Ende eine demokratische Entscheidung steht, die von allen respektiert werden muss. Einer dieser Punkte ist der Standort für das Mahnmal zum Gedenken an die Opfer des Attentats.
Auch dies war Thema bei den Gedenkveranstaltungen und ebenfalls verbunden mit massiven Vorwürfen gegen diejenigen, die den Marktplatz als Standort ablehnen.
Es ist das gute demokratische und zu respektierende Recht von Angehörigen und Bürgerinnen und Bürgern, den Marktplatz als den richtigen Standort für das Mahnmal anzusehen.
Es ist aber auch das gute demokratische und ebenfalls zu respektierende Recht einer – wie ich es empfinde: großen Mehrheit der Stadtgesellschaft, der Stadtverordnetenversammlung als obersten Organ unserer Kommunalverfassung, des Magistrats, aber auch von mir persönlich, den Marktplatz als ungeeignet anzusehen.
Dem Zusammenhalt in einer freiheitlichen Demokratie dient nur, wer die Toleranz aufbringt, die andere Auffassung zu respektieren. Toleranz heißt im Übrigen, die Auffassung der Andersdenkenden zu ertragen.
Diese Ablehnung des Marktplatzes als Standort für das Mahnmal hat nichts mit Rassismus zu tun oder dem vermeintlichen Wunsch, das Attentat aus dem Stadtgedächtnis zu verbannen.
Es gibt nicht nur viele sachliche und fachliche Gründe, die gegen den Marktplatz sprechen. Es ist auch der Wunsch der überwiegenden Mehrheit unserer Bürgerinnen und Bürger, den Marktplatz als zentralen Platz den Brüdern Grimm vorzubehalten.
Sie stehen für die Hoffnung, dass am Ende das Gute siegt, sie stehen für den Mut gegenüber Autokraten und für das Recht aller Menschen, ein Leben in Freiheit zu führen. Und deshalb steht ihr Denkmal auch als Solitär im Herzen unserer Stadt.
Ich habe – wie viele andere – für den Standort des Mahnmals an einem neu gestalteten Kanaltorplatz plädiert, vor dem entstehenden Zentrum für Demokratie und Vielfalt. Hier, direkt am Weg, den der Attentäter zwischen den beiden Tatorten zurückgelegt hat, erinnert das Mahnmal nicht nur an die Opfer.
Es erinnert zugleich auch diejenigen, die im Zentrum arbeiten oder Veranstaltungen besuchen, stets daran, weshalb sie sich hier engagieren und weshalb ihr Engagement so wichtig für unser Land ist.
In diesem Zusammenhang weise ich auch noch auf eine in den vergangenen Tagen erneut verbreitete Behauptung hin:
Ich habe nie versprochen, dass das Mahnmal auf dem Marktplatz aufgestellt werden kann.
Und auch wenn auch ich gerade Zielscheibe von heftiger Kritik, ja bisweilen Schmähkritik von einigen Angehörigen war – oder gerade deshalb – fühle ich mich aufgefordert, um Milde für derlei Äußerungen zu bitten.
Lassen Sie mich zwei Anmerkungen dazu machen:
Der Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, der damalige Ministerpräsident Bouffier und ich haben am Abend des 20. Februar 2020 im persönlichen Gespräch und Miteinander die grenzenlose Trauer und die Fassungslosigkeit der Angehörigen erlebt. Das dieses Erlebnis für mich bei allen nüchtern und sachlich vorzunehmenden Abwägungen und Beurteilungen eine Rolle spielt, wird man verstehen.
Keiner der Angehörigen wurde auf diese öffentliche Rolle, die ihnen durch die rassistische Mordtat zugewiesen wurde, vorbereitet. Es ist deshalb angebracht, nicht jede Äußerung persönlich zu nehmen. Wo erforderlich, muss man sie klarstellen. Grundsätzlich gilt es auch weiterhin, die Hand zu reichen.
Nur dieses Verständnis, liebe Kolleginnen und Kollegen fördert den Zusammenhalt.
Manche Beobachtung bei der Gedenkveranstaltung, aber auch was mir von der Demonstration vermittelt wurde, bringt mich dazu, Folgendes zu sagen:
Aus diesem Verständnis und aus Sorge um den Zusammenhalt, erwächst auch meine Mahnung an die Angehörigen:
lassen Sie sich nicht von Kräften instrumentalisieren, die eine ganz eigene Agenda verfolgen, die nicht mit den Werten unseres Grundgesetzes im Einklang steht.
Um es ganz klar zu sagen: wir wollen und müssen an den Schwächen unserer Demokratie, unserer staatlichen Institutionen und Behörden arbeiten. Wir wollen aber keinen anderen Staat.
Es ist der freiheitlichste und demokratischste, den wir jemals in Deutschland hatten.
Ich bitte darüber hinaus eindringlich alle, sich nicht von denen verführen zu lassen, die ein falsches Bild von unserem Land und unserer Stadt zeichnen. Folgen Sie nicht denen – aus welcher politischen Ecke sie auch immer kommen mögen – die letztlich nur Hass und Zwietracht säen, um ihre eigene politische Agenda zu befördern.
Hanau ist eine Heimat für alle Menschen, die guten Willens sind. Egal wo sie herkommen, welchen Glauben sie haben, wer ihre Eltern sind. Es ist unsere Heimat. Und wir werden sie auch in Zukunft gegen die verteidigen, die uns spalten, die Hass sähen wollen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
unsere Stadt wird nur eine gute Zukunft haben, wenn die Menschen, die in unserer Brüder-Grimm-Stadt zu Hause sind, friedlich und respektvoll zusammenleben.
Dazu brauchen wir den Zusammenhalt aller Gutwilligen. Und ich weiß, dass dieser Zusammenhalt kein frommer Wunsch ist, sondern täglich an vielen Stellen und bei vielen Begegnungen in unserer Stadt gelebt wird.

Hanau 19. Februar 2020 – Drei Jahre Erinnerung und Aufklärung

Die Ausstellung von „Forensic Architecture/Forensis“ mit der „Initiative 19. Februar“ ist seit 1. Februar 2023 bis zum 18. März 2023 im Foyer des Neustädter Rathauses in Hanau (Am Markt) zu sehen sein und kann dort täglich von 10 bis 17 Uhr bei freiem Eintritt besichtigt werden. Zudem sind Führungen mit Betroffenen und ein Begleitprogramm vorbereitet. Schulklassen und Gruppen können auch außerhalb der Öffnungszeiten einen Termin vereinbaren. Ein Teil dieser Ausstellung dokumentiert in einer Zeitleiste sowie in Videorekonstruktionen sehr detailliert die Tatnacht. Ein zweiter Teil zeichnet den Kampf der Angehörigen, Überlebenden und ihrer Unterstützerinnen und Unterstützer um Erinnerung und Aufklärung nach.
Die Ausstellung ist ein Kooperationsprojekt von Forensic Architecture/Forensis und der Initiative 19. Februar Hanau. Sie wird unterstützt von: Kulturfonds Frankfurt RheinMain, Frankfurter Kunstverein, Haus der Kulturen der Welt Berlin, Stadt Hanau und Bundeszentrale für politische Bildung.

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Erinnerung. Aufklärung. Konsequenzen.




Die Familien der neun Anschlagsopfer von Hanau kämpfen für Gerechtigkeit und dafür, dass eine derartige Tat nicht noch einmal passieren kann. Seit dem 19. Februar 2020 ist in ihren Leben nichts mehr wie zuvor. Und dennoch haben sie die Kraft und den Willen, ihre Geschichte zu erzählen und sich für Aufklärung und Prävention einzusetzen.

9 Fragen an den Oberbürger­meister

„Wenn ich meine Rolle in diesen Tagen auf mich wirken lasse, erscheine ich mir selbst fremd. Weil es mir unglaublich erscheint, dass wir diese erste Zeit bewältigen konnten“. Claus Kaminsky beantwortet neun Fragen, wie er das erste Jahr nach dem Anschlag in seiner Position als Hanauer Oberbürgermeister, aber auch persönlich erlebt hat.
 

9 Fragen an den Oberbürger­meister

Was haben Sie empfunden?

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Wie haben Sie die ersten Tage nach dem Attentat erlebt?

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Was haben Sie in Erinnnerung?

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Wie hat sich Corona ausgewirkt?

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Welche Folgen hat das Attentat

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Was kann die Stadt in der Zukunft tun?

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Nach wie vor gibt es Kritik an den Ermittlungen

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Was wünschen Sie sich für die Angehörigen?

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Ein Jahr danach, was bleibt für Sie persönlich?

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Unternehmen

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Die Hanauer Unternehmen ALD Vacuum Technologies, Evonik Industries, Goodyear Dunlop, Heraeus, Umicore und die Agentur für Arbeit Hanau machen sich mit einer gemeinsamen Aktion stark für eine Stadtgesellschaft, die für demokratische Auseinandersetzung, Solidarität, Zivilcourage und Akzeptanz vielfältiger Lebensweisen steht. Unter der Koordination der Hanauer Wirtschaftsförderung positionierten sich die Unternehmen am ersten Gedenktag am 19. Februar 2021 mit einer ganzseitigen Zeitungs-Anzeige und großflächigen Plakaten an den jeweiligen Firmensitzen für Toleranz, Respekt und Vielfalt.

Heike Hengster - Agentur für Arbeit

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Imran Orak - Umicore

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Dr. Andrea Hohmeyer - Evonik

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Guido Löber - ALD Vaccum Technologies

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Markus Dietze - Goodyear

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Jan Rinnert - Heraeus

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Religions­gemeinschaften


In ihrem Zusammenschluss, dem Runden Tisch der Religionen, suchen die Hanauer Glaubensgemeinschaften stetig den Austausch zwischen den verschiedenen Religionen. In ihrer gemeinsamen Botschaft, die sie anlässlich des des ersten Gedenktags am 19. Februar 2021 formuliert haben, sind sie sich einig: Ein friedliches Miteinander muss unser aller Ziel sein.

Sportvereine


Unter dem Motto „SPORT VEREIN(T) HANAU“ fassen die Hanauer Sportvereine ihre Wertvorstellung und eine klare Haltung gegen Ausgrenzung, Hass und Intoleranz zusammen. Im Sport zählen einzig der sportliche Wettstreit und nicht die Religion, Hautfarbe oder Herkunft. Dafür engagieren sich täglich Trainer und Übungsleiter in den Vereinen. Sie vermittelten vor allem auch jungen Menschen die Grundlagen für ein faires, gleichberechtigtes Miteinander. Das gemeinsam entwickelte Motto ist in Hanauer Sportstätten, auf Brückenbannern und T-Shirts zu sehen.

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Offen für Vielfalt – Geschlossen gegen Ausgrenzung

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Solidarität praktisch ausüben, aber auch öffentlich sichtbar machen und so ein Bekenntnis gegen den Hass und für ein friedliches Miteinander ablegen – das war in den Wochen nach der Hanauer Terrornacht ein Bedürfnis vieler Bürgerinnen und Bürger, aber auch von Institutionen, Unternehmen, Gewerbetreibenden und Einzelhändlern in der ganzen Region. Plakate in Schaufenstern, Firmenflaggen auf Halbmast und öffentliche Stellungnahmen waren Ausdruck des Entsetzens, der Trauer und des Mitgefühls mit den Angehörigen.
Durch den Beschluss der Stadt Hanau zur Kooperation mit der Initiative „Offen für Vielfalt – Geschlossen gegen Ausgrenzung“ gibt es nunmehr eine weitere Möglichkeit, ein sichtbares Zeichen für Toleranz zu setzen. Der Initiative, die 2018 von hessischen Unternehmern gegründet wurde, haben sich inzwischen zahlreiche Organisationen, Kommunen und Vereine angeschlossen. Autohersteller gehören ebenso dazu wie Sportvereine, Kreditinstitute oder Behörden. Ziel der Initiative ist es, den Gedanken einer offenen und vielfältigen Gesellschaft zu fördern sowie entsprechende Aktionen und Veranstaltungen zu initiieren. So soll zum Beispiel mit den typischen Schildern der Aktion an Laden- und Bürotüren, Firmen- und Schultoren, an Kultureinrichtungen, aber auch an privaten Hauseingängen ein deutliches und sichtbares Zeichen für eine pluralistische und tolerante Gesellschaft gesetzt werden.
In der Brüder-Grimm-Stadt hat sich der evangelische Kirchenkreis Hanau besonders für die in Kassel gegründete Aktion stark gemacht. Auf seinen Vorschlag hin hat sich auch die Landessynode der Evangelischen Kirche Kurhessen-Waldeck der Initiative angeschlossen.
Viele Hanauer Geschäfts- und Firmeninhaber*innen, aber auch viele Privatpersonen haben bereits ein Türschild. Sollten auch Sie ein Türschild der Aktion „Offen für Vielfalt – Geschlossen gegen Ausgrenzung“ aufhängen wollen, melden Sie sich gerne unter der Rufnummer 06181 – 295891 (Montag-Mittwoch, 9 bis 16 Uhr) oder schreiben eine Email an fachstelle.vielfalt@hanau.de. Nach Aufhebung der Pandemie-Beschränkungen sollen die Schilder auch in den Hanauer Einzelhandelsgeschäften verteilt werden.

Kunst

Kollektiv ohne Namen - Das Wandgemälde an der Frankfurter Friedensbrücke

Im Juni 2020 wurde ein Wandbild an der Friedensbrücke in Frankfurt am Main zu einem der Symbolbilder für die Opfer des Anschlags in Hanau. Auf einer Breite von 27 Metern blicken die Gesichter der neun Opfer die Betrachter direkt an.

Die Dimension des Werks und die realistische Darstellung der Gesichter von Fatih, Vili-Viorel, Kaloyan, Ferhat, Mercedes, Gökhan, Sedat, Hamza und Said Nesar berührt zutiefst. „Viele sprechen oft von einem Graffiti. Das ist eigentlich nicht die richtige Bezeichnung. International bezeichnet man das als „Mural“, ein Wandgemälde“, erklärt Bobby (Künstlername). „Wir haben hier kaum mit Sprühdosen gearbeitet. Es sind sehr viele Pinsel und hauptsächlich Acrylfarbe im Einsatz. Lackdosen haben wir nur für Highlights verwendet, da die Lackfarbe sehr wetterbeständig ist und nicht so schnell verblasst“. Bobby gehört zu den Urhebern des Wandbildes, dem Kollektiv ohne Namen. „Den Namen haben wir uns erst nach Fertigstellung des Hanau-Wandbildes gegeben. Wir wollten für die Community greifbarer werden. Es soll aber nicht um uns als Personen gehen. Die Bilder sollen sprechen. Wir verbleiben gerne im Hintergrund“, erklärt Seda, eine Sprecherin der Gruppe.
Das Kollektiv ohne Namen besteht im Kern aus einer Gruppe von Freunden, die schon seit den 90er-Jahren gemeinsam künstlerisch aktiv sind. Zur Kerngruppe kommen in den verschiedenen Projekten auch immer wieder andere Künstler für eine bestimmte Zeit dazu. Großformatige Wandbilder, die aktuelle politische und gesellschaftliche Themen aufgreifen, sind zur ihrem Markenzeichen geworden. Ein Abbild des berühmten Fotos vom ertrunkenen Flüchtlingsjungen Aylan Kurdi im Frankfurter Osthafen gehört etwa zu den Werken, mit denen Kollektiv-Mitglied Bobby schon 2016 für Aufmerksamkeit sorgte. Im Fall des Wandbildes für die Hanauer Anschlagsopfer verging ein ungewöhnlicher langer Zeitraum bis die Künstlergruppe das Thema verarbeitete. „Alle anderen Themen waren bisher so weit weg. Hanau war plötzlich so nah. Wir haben selbst Zeit gebraucht, um das Geschehen zu verdauen“, sagt Bobby. Drei Monate nach dem rassistischen Attentat in Hanau war das Kollektiv so weit, den Kontakt zu den Familien der neun Opfer zu suchen. Erst nach Gesprächen mit den Familien und mit ihrem Segen trauten sich die Künstler an die Umsetzung heran. Bei Bildern, in denen verstorbene Menschen dargestellt werden sollen, legt das Kollektiv immer besonderen Wert auf die Rücksprache mit den Angehörigen. Auch die Orte für ihre Kunstwerke wählt die Gruppe mit Bedacht. Menschen sollten in ihrem Alltag im öffentlichen Raum gestört werden, zum Innehalten gebracht werden. „Dieses Bild, in dieser Dimension, im öffentlichen Raum. Das kannst du nicht einfach wegklicken oder den Fernseher ausschalten. Die Menschen müssen sich auch ungewollt damit auseinandersetzen. Wir wollen die Gesellschaft verändern und für alle Menschen ein besseres Morgen aufbauen. So kann es ja nicht weitergehen“. Unter der Friedensbrücke hat die Stadt Frankfurt mehrere Wandflächen für Kunst-Projekte freigegeben. Mit einer Genehmigung vom Grünflächenamt konnte das Kollektiv seine Idee an einem Ort, den viele Menschen passieren, umsetzen. Zehn Künstler realisierten das Wandbild auf einer Breite von 27 Metern. Von der ersten Idee bis zum fertigen Wandbild vergingen zwei Wochen. Genau vier Monate nach dem Anschlag wurde das Wandbild der Öffentlichkeit präsentiert. „Wir haben noch nie so lange für ein Bild gebraucht“, erzählt Bobby. „Und ich habe noch nie so viele von unserer Gruppe immer wieder weinen sehen“. Bobby muss auch im Gespräch kurz innehalten. „Es bewegt mich auch jetzt noch, einfach wenn ich davon erzähle“. Er versucht die Emotionen der ganzen Gruppe während der Erstellung des Wandbildes zu beschreiben: „Das ist ein sehr großes Bild. Wir haben uns ganz intensiv den Gesichtern dieser ermordeten, jungen Leute gewidmet. Um die Proportionen zu prüfen, muss man auch immer wieder einige Meter vom Bild zurücktreten. In solchen Momenten hatte ich Schwindelanfälle und hab mich gefragt, was ich hier eigentlich mache. Dass wir Haltung zeigen wollten, hat mich weitermachen lassen. Wir haben uns schon mit dem Elend dieser Welt auseinandergesetzt und es in Bildern verarbeitet. Aber das war für uns die bisher krasseste Nummer.“
Dem Kollektiv sei es ein Anliegen gewesen, dass die Erinnerungsarbeit an den Anschlag nicht nur in Hanau stattfindet, beschreibt Seda die Beweggründe der Gruppe. Sie war diejenige, die den Kontakt zu den Familien der Opfer aufnahm und diesen auch bis heute pflegt. „Die Familien haben sehr viel dazu beigetragen, dass nach dem Anschlag der Fokus nicht auf dem Täter, sondern auf den Opfern lag. Bis heute gönnen sie sich kaum Ruhe, damit niemand die Namen und Gesichter ihrer Kinder vergisst. Unser Bild war eine Art Geschenk, das wir den Familien machen wollten, um sie zu stärken“. Erst mit dem Einverständnis der Familien begannen die Künstler ihre Arbeit an dem Wandgemälde. Seda erklärt, was die Gruppe antreibt: „Leider ist es bisher in Deutschland so gewesen, dass rechtsextreme Attentate schnell wieder in Vergessenheit geraten und wieder zur Normalität zurückgekehrt wird. Dann kommt wieder der nächste Anschlag. So geht das seit Jahrzehnten. Man muss sich unwohl fühlen, damit das Bedürfnis stärker wird, etwas zu ändern. Wenn man vergisst, ändert man nichts“. Das Kollektiv ohne Namen sehe sich in der Verantwortung, dazu beizutragen, dass Druck entsteht. Immer wieder müsse man daran erinnern, was passiert sei und zeigen, wie viele junge Leute gestorben, wie viele Familien zerrüttet worden seien. „Die Erinnerung muss den Nerv gewisser Menschen immer wieder treffen, bis es einfach so wehtut, dass die Veränderung endlich angegangen wird“.
Ende Dezember 2020 haben Unbekannte das Wandbild unter der Friedensbrücke beschmiert. Das Kollektiv war davon nicht überrascht. „Es ist ein Bild im öffentlichen Raum. Es gibt immer Leute, die dagegen sind, und manche wollen das auch nicht für sich behalten“, sagt Seda schulterzuckend. Glück im Unglück: die Täter verunstalteten nur den Schriftzug am linken Rand des Bildes. „Wären die Gesichter beschmiert worden, das wäre eine Katastrophe gewesen. Technisch war die Wiederherstellung des Schriftzugs nicht schwierig, aber der Aufwand ist groß, das kostet sehr viel Zeit. Und wir haben alle nicht immer direkt das Geld parat, um neue Farbe zu kaufen“, ergänzt Bobby.
Das Kollektiv besteht seit seiner Entstehung im Sommer 2020 nicht nur aus Künstlern. Auch Freund*innen und Geschwister der Opfer sowie Aktivist*innen, die möchten, dass die Geschehnisse in Hanau Veränderungen in ganz Deutschland bewirken, sind mit dem Kollektiv verbunden. Neben den künstlerischen Aktivitäten, möchte die Gruppe verschiedene Projekte mit Jugendlichen und Geflüchteten umsetzen. Bobby erklärt die Pläne: „Wir haben an uns selbst einen emanzipatorischen Anspruch. Zum Kollektiv ohne Namen und den Zielen, die damit verbunden sind, dazu mussten wir uns erst mal entwickeln. Wir wollen besonders jungen Leuten Möglichkeiten aufzeigen“. In Zukunft sollen unter anderem auch Projekte in Zusammenarbeit mit der Ferhat Unvar Bildungsinitiative stattfinden. Die Initiative hat Ferhats Mutter, Serpil Temiz Unvar, ins Leben gerufen.
Manchmal dachte das Kollektiv, es könnte dieses Wandbild nicht zu Ende malen, weil das Thema alle Mitglieder persönlich zur sehr erschütterte. Viele Menschen in Hanau und darüber hinaus sind sehr dankbar für diese Geste, dieses Denkmal und den Beitrag des Kollektivs dazu, dass niemals vergessen wird.

Kollektiv ohne Namen


Das Wandgemälde an der Frankfurter Friedensbrücke

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Weitere Infos



BRÜDERLEIN & SCHWESTERLEIN

Wenige Tage nach dem rassistischen Anschlag in Hanau kam es zu einer folgenschweren Verwechslung. Eine Zeitung hatte das Foto eines Wohnhauses in Hanau veröffentlicht und es als das Anwesen des Attentäters bezeichnet. Es war aber das falsche Haus. In Folge wurde das fälschlicherweise bezichtigte Anwesen belagert und die Hausfassade mehrfach mit Farbe und Sprüchen beschmiert. Um weiterem Vandalismus entgegenzuwirken, machte der Künstler Marcel Walldorf die beschmierte Hausfassade zu seiner Leinwand. Er schuf für die Bewohner des Hauses und die ganze Stadt Hanau ein zeitloses Statement gegen Menschenfeindlichkeit.

Musik

Wo Worte fehlen, nichts zu sagen aber unmöglich ist, kann Musik sprechen. Die Anteilnahme in Gedenken an den 19. Februar ist groß und wird in unterschiedlicher Form ausgedrückt, so auch musikalisch. Mit Beiträgen von G.I.A.M., Mirjam Wolf, Konstantin Wecker und vielen mehr, werden Gefühlen Klänge und Texte geschenkt, für die einfache Worte nicht ausreichend sind. Verschiedene musikalische Richtungen werden hier zusammengeführt zu einer besonderen Form des Gedenkens, jede auf ihre eigene Art und Weise passend.

Demokratie (er)leben in Hanau

Hanau ist eine weltoffene Stadt, in der Menschen seit Jahrhunderten und aktuell aus 160 Nationen zusammen leben. Diese Vielfalt ist eine Quelle des sozialen Zusammenhalts und des kulturellen Reichtums. Besonders nach dem rasisstischen Terroranschlag am 19. Februar 2020 steht die Stadt in der Pflicht, den sozialen Zusammenhalt aller in Hanau lebenden Kulturen zu stärken und jede Form von gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit entgegenzutreten. Seit 2019 gibt es das Bündnis der „Partnerschaft für Demokratie Hanau“, das sich mit jährlich wechselnden Schwerpunkten gegen Rechtsextremismus und für ein vielfältiges, gewaltfreies und demokratisches Miteinander in Hanau einsetzt. Wir wollen die Stadtgesellschaft stärken und Prozesse zur Demokratieentwicklung anstoßen, weil wir fest davon überzeugt sind, dass es sich lohnt für unsere Demokratie zu kämpfen.

Ansprache der Schulleitung

Erinnern braucht Zukunft

Hanau steht zusammen

Zeitzeugenprojekt

Am 19. Februar 2020 wurde in Hanau ein verheerender Anschlag verübt. Neun Menschen wurden aus dem Leben gerissen, hinterließen trauernde Familien und eine besorgte Stadt. Hanau ist nicht der erste rassistische Mord in Deutschland. Hoffentlich aber der letzte. Wir fordern: So etwas darf nie wieder passieren! So auch der Titel unseres Kurzfilms, den wir Ihnen heute präsentieren möchten. In Gedenken an die Opfer von Hanau und alle Opfer von Rassismus und Islamfeindlichkeit.

Ein Jahr ist es nun her, dass am 19. Februar 2020 Hanau durch den Amoklauf eines Einzelnen tief getroffen wurde. Neun Opfer wählte er wahllos aufgrund ihres Aussehens und ihrer Abstammung aus. Danach tötete er die eigene Mutter und richtete schließlich sich selbst. Seitdem trägt die Stadt Wunden in sich. Menschen, die trauern, versuchen wieder lebensfähig zu werden. Menschen, die nach Antworten suchen, fühlen sich mit ihren Fragen alleine gelassen. Aber es gibt auch Menschen, denen dieses Thema mittlerweile zu viel geworden ist. Und über all diesen Gefühlen von Wut, Ohnmacht und Schuld schwebt die Frage nach dem „Warum?“. Es ist die Botschaft des Nagelkreuzes, Versöhnung zwischen den Menschen zu stiften, bzw. diesen Gedanken mit ins Gespräch zu bringen. Und Versöhnung ist mehr als ein Pflaster. Versöhnung bedeutet (in Hanau), mit Narben vorbehaltlos einer besseren Zukunft entgegegen zu gehen. Dieses Anliegen teilen wir mit den verschiedenen Nagelkreuzzentren quer durch Deutschland. Einzelne berichten davon in diesem Gedenkvideo, in dem auch der Vorsitzende der Nagelkreuzgemeinschaft Herr OKR Dr. Oliver Schuegraf unsere Arbeit kurz vorstellen wird.

Vor einem Jahr, am 19. Februar 2020, erschoss ein Mann in Hanau 9 Menschen und tötete anschließend seine Mutter und sich selbst. Alle Opfer waren Hanauer. Die meisten von ihnen hatten einen Migrationshintergrund. Die Bundesanwaltschaft attestiert dem psychisch gestörten Täter eine zutiefst rassistische Einstellung. Am Jahrestag des Verbrechens wird der Opfer in Hanau gedacht. Unter anderem mit einem Gebetsabend, organisiert von der Evangelischen Allianz Hanau und der FEG Hanau. Mike Raven ist der Vorsitzende der Evangelischen Allianz Hanau. Er nennt die wichtigsten Anliegen ihrer Gebete: „Wir beten für die Betroffenen, für Trost, inneren Frieden und Versöhnung. Und wir beten für die Einheit und Seele der Stadt.“