Zentrum für Demokratie und Vielfalt

Ein Platz für alle
Ein halbes Jahr nach den rassistischen Anschlägen vom 19. Februar 2020 beschließen der Magistrat der Stadt Hanau und die Stadtverordnetenversammlung, das Zentrum für Vielfalt und Demokratie (ZDV) in Hanau zu gründen. Seit dem 1. Februar 2021 führen die ersten Fachstellen ihre Arbeit an einem gemeinsamen Ort fort, in einem städtischen Gebäude am Hessen-Homburg-Platz 6 im Stadtteil Lamboy. Bisher waren sie über die ganze Stadt verteilt. Die gemeinsamen Räume sind eine Übergangslösung, bis passende Räume für das Zentrum für Demokratie und Vielfalt gefunden werden.
Ein Platz für alle
Der 19. Februar 2020 ist der dunkelste Tag für Hanau in Friedenszeiten. Gökhan Gültekin, Sedat Gürbüz, Said Nesar Hashemi, Mercedes Kierpacz, Hamza Kenan Kurtović, Vili-Viorel Păun, Fatih Saraçoğlu, Ferhat Unvar und Kaloyan Velkov wurden in den Abendstunden bei dem rassistischen Anschlag ermordet.
„Die Last des Anschlags wird immer schwer auf unserer Stadt liegen. Unterkriegen lassen wir uns als Stadtgesellschaft aber nicht“, sagt Hanaus Oberbürgermeister Claus Kaminsky. „Wir arbeiten seither konzentriert, mutig und entschlossen auf den unterschiedlichsten Ebenen am Miteinander statt Nebeneinander in unserer Brüder-Grimm-Stadt.“ Ein Meilenstein, um Respekt, Toleranz und Demokratie zu fördern, ist das „Zentrum für Demokratie und Vielfalt“. Es wurde bereits sieben Monate nach dem Anschlag von der Hanauer Stadtpolitik auf den Weg gebracht. Andreas Jäger, Leiter des Amtes für Demokratie, Vielfalt und Sport: „Hanau steht zusammen – nach dieser Maxime verfahren Hanauer Bürgerinnen und Bürger seit Jahrhunderten und heute umso mehr. In Hanau ist kein Platz für Rassismus, Gewalt und Menschenfeindlichkeit.“
Man kann ein schreckliches Ereignis zur Kenntnis nehmen, seine Bestürzung äußern und dann wieder zum Alltag zurückkehren. Man kann aber auch das Ereignis aufarbeiten, Lehren ziehen und aktiv dafür kämpfen, dass sich das Geschehen nicht wiederholt. Die Stadt Hanau hat sich klar für den zweiten Weg entschieden. Der 19. Februar soll nicht nur fester Bestandteil der städtischen Erinnerungskultur werden, sondern soll auch Auslöser für einen noch entschiedeneren Kampf gegen Hass und Intoleranz werden.
Für das friedliche Miteinander
Sichtbares Zeichen für diese Absicht ist die Einrichtung des „Zentrums für Demokratie und Vielfalt“ – einer Institution, die es in dieser Form in der Region noch nicht gegeben hat. Das Zentrum soll einen aktiven Beitrag für ein friedliches, respektvolles und tolerantes Miteinander sowie die Verteidigung der pluralistischen und rechtsstaatlichen Demokratie leisten. „Das geschieht nicht immer unter dem Brennglas der Öffentlichkeit. Es ist kein Sprint und kein Marathon, sondern eine Jahrhundertaufgabe“, so Kaminsky.
Am Kanaltorplatz in der Innenstadt unweit des ersten Tatorts am Heumarkt wurde eine Immobilie gefunden, in die das Zentrum einziehen wird. „Es soll ein Ort für alle entstehen, an den jeder gerne kommt, an dem man etwas lernen und Neues erleben kann“, erklärt Andreas Jäger. Er leitet seit dem 1. Januar 2021 die neu eingerichtete Fachstelle Vielfalt, die neben anderen Aufgaben auch das Zentrum für Demokratie und Vielfalt konzipiert. Andreas Jäger betreute zuvor die neun Familien der Anschlagsopfer als Opferbeauftragter von städtischer Seite eng. Eine der wichtigsten Aufgaben der Fachstelle Vielfalt ist das Vernetzen der zahlreichen Initiativen, die sich mit Themen wie Integration, Toleranz und Demokratie beschäftigen. Auch jene Aktionsgruppen, die sich in Folge der Ereignisse des 19. Februar gegründet haben, sind dabei.
Zentrum schon jetzt Anlaufstelle
Ihren vorläufigen Platz hat die Fachstelle Vielfalt in einem Gebäude der sanierten Hessen-Homburg-Kaserne gefunden. Hier haben auch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Programme „WIR – Vielfalt und Teilhabe“, der DEXT-Fachstelle des Bundesprogramms „Demokratie leben!“ und des Ausländerbeirates Räume bezogen.
Ende vergangenen Jahres hatte sich die Stadtverordnetenversammlung einstimmig dafür ausgesprochen, ihre Bewerbung für das millionenschwere Förderprogramm „Nationale Stadtentwicklung“ des Bundesbauministeriums zu bewerben. „Wir haben große Hoffnung, in das Förderprogramm aufgenommen, zumal der Bund mehrfach seine Unterstützung zugesagt hat“, so OB Kaminsky. Corona und der Krieg in der Ukraine verzögern die finalen Haushaltsberatungen beim Bund. „Wir hoffen auf baldige Rückmeldung, um weitere Schritte zu planen. Die Höhe der Zuwendung hat Auswirkungen auf die bauliche und inhaltliche Konzeption, energetische Sanierung und die Entwicklung des Straßenraums“, ordnet Jäger ein, der betont: „Die Angebote in unserem Haus werden sehr gut angenommen. Nahezu täglich haben wir Vertreterinnen und Vertreter von Organisationen, Vereinen, Verbänden und weiteren Institutionen, Ehrenamtliche und andere Interessierte bei uns im Haus, die sich über die verschiedenen Hilfs- und Fördermöglichen innerhalb der Programme informieren und die auch annehmen.“
Die Politik und verschiedene Bürgerorganisationen haben dem „Zentrum für Demokratie und Vielfalt“ zahlreiche Anregungen und Aktionsvorschläge mit auf den Weg gegeben. Diese reichen von Themen wie Demokratiebildung, Integration und Inklusion, Flüchtlingsarbeit und Sprachunterricht, über Initiativen zur Akzeptanz anderer Lebensweisen sowie die Organisation internationaler Begegnungen bis zu Konzepten politischer Bildung und Erinnerungsarbeit angesichts des 19. Februar. Außerdem ist eine wichtige Aufgabe der Fachstelle und des Zentrums weiterhin die Betreuung der Hinterbliebenen der Opfer des Anschlags am 19. Februar 2020. Das neue Zentrum ist nicht nur sichtbarer Ausdruck des Bekenntnisses „Hanau steht zusammen“, sondern betont mit „Hanau rückt zusammen“ die Notwendigkeit, für ein friedliches Miteinander einzutreten. Es ist das Zeichen einer Stadt, die bereit ist, dem Hass, der Intoleranz und der Spaltung der Gesellschaft gemeinsam die Stirn zu bieten.
Ein nationales Projekt
Mit 75 Millionen Euro aus Bundesmitteln werden 18 „Vordenker“-Projekte in Deutschland gefördert. Aus 79 Bewerbungen wurde auch das „Zentrum für Demokratie und Vielfalt“ ausgewählt und ist nun ein „Nationales Projekt des Städtebaus 2022“. Bundesinnenministerin Nancy Faeser übergab Hanaus Oberbürgermeister Claus Kaminsky am 19. Februar 2023 im Elisabeth-Selbert-Saal im Neustädter Rathaus am Marktplatz den Zuwendungsbescheid über 3,4 Millionen Euro.
Ein nationales Projekt
„Wir begrüßen das Engagement der Stadt Hanau ausdrücklich. Es ist wichtig, um gegen Hass, Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit vorzugehen“, sagte Bundesinnenministern Nancy Faeser bei der Übergabe, mit dem das Antragsverfahren abgeschlossen ist. Die Hanauer Stadtverordnetenversammlung hatte am 30. Januar 2023 einstimmig beschlossen, den Eigenanteil in Höhe von 1,7 Millionen Euro bereitzustellen, die förderfähigen Gesamtausgaben betragen 5,1 Millionen Euro. „Niemals vergessen wir in Hanau den 19. Februar 2020. Die Verteidigung unserer Demokratie nehmen wir hier in die Hand, geben Menschen und Ideen Raum und Räume, um sich um die wahren Werte, um Zusammenhalt und unsere friedliche Zukunft aktiv einzusetzen. Über die Förderung freue ich mich für meine Heimatstadt sehr“, so Hanaus Oberbürgermeister Claus Kaminsky.
Ein halbes Jahr nach den rassistischen Anschlägen vom 19. Februar 2020 hatten der Magistrat der Stadt Hanau und die Stadtverordnetenversammlung beschlossen, das Zentrum für Vielfalt und Demokratie (ZDV) in Hanau zu gründen. Seit dem 1. Februar 2021 führen die ersten Fachstellen ihre Arbeit an einem gemeinsamen Ort fort, in einem städtischen Gebäude am Hessen-Homburg-Platz 6 im Stadtteil Lamboy. Bisher waren sie über die ganze Stadt verteilt. Die gemeinsamen Räume sind eine Übergangslösung, bis passende Räume für das Zentrum für Demokratie und Vielfalt realisiert sind.
„Nicht erst die Corona-Pandemie zeigte uns, wie wichtig es ist, unsere Städte resilient und widerstandsfähig zu machen. Dazu gehören städtebaulich und baukulturell bedeutsame Ensembles und Gebäude, aber auch neue soziale Infrastrukturen und öffentliche Räume als Orte der Begegnung, des gemeinsamen Erlebens und des Zusammenseins. Gerade bei den Nationalen Projekten des Städtebaus werden Flächen und Bestandsgebäude so aufgewertet, dass in und mit ihnen neues gesellschaftliches Zusammenleben entstehen kann und neue Impulse für die Stadtgesellschaft gesetzt werden“, sagte Bundesbauministerin Klara Geywitz. Das Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen (BMWSB) hatte das Programm als investives Programm ins Leben gerufen. Seit 2014 wurden insgesamt 211 Projekte aufgenommen und mit Bundesmitteln in Höhe von rund 670 Millionen Euro unterstützt. Eine Jury aus Fachjurorinnen und -juroren sowie Mitgliedern des Deutschen Bundestags, unter Vorsitz des Parlamentarischen Staatssekretärs Sören Bartol, hatte die aktuelle Projektauswahl getroffen.
Andreas Jäger, Leiter des Amtes für Demokratie, Vielfalt und Sport, ordnet ein: „Das Zentrum für Demokratie und Vielfalt soll ein politisches Zeichen für die Demokratie, des Zusammenhalts und gegen gesellschaftliche Spaltung sein. Vor allem soll es Platz bieten für Austausch, Beratung, Bildung, Dienstleistung und Vernetzung. Miteinander zu reden ist besser als übereinander.“ Das Zentrum wird am Kanaltorplatz Ecke Herrnstraße entstehen, zurzeit ist dort noch eine Corona-Impfstelle untergebracht. „Durch die Förderung durch den Bund haben wir jetzt auch konzeptionell neue Möglichkeiten. Deswegen werden wir den angefangenen Prozess neu aufstellen. Ein breiter Beteiligungsprozess ist dafür entscheidend. Es wird sicher eine große Herausforderung, alle Interessierten Gruppen, Institutionen und Bürgerinnen und Bürger einzubinden und zu beteiligen, ist aber für die Qualität und die Akzeptanz des Hauses alternativlos.“ Und Jäger weiter: „Auf dem Weg begleiten uns viele Partner sehr eng – an dieser Stelle bedanke ich mich ausdrücklich für die Zusammenarbeit mit der ,Projektstadt’ der Nassauischen Heimstätte, die uns bei dem Förderantrag exzellent unterstützt hat.“


WIR-Förderprogramm
Koordinatorin WIR-Programm Hanau: Andrea Freund
Email: integration@hanau.de

Ausländerbeirat Hanau
Leitung: Mustafa Kaynak
Email: auslaenderbeirat@hanau.de